Mise en Abyme

Keramik, Spiegel, Siebdruck | 0,50 Ă— 0,60 Ă— 0,40 m | 2020

Der Begriff mise en abyme (Altfranz. abyme, von griech. abyssos: „ohne Boden, unendlich“) stammt aus der Heraldik und bezeichnet ein Bild, das sich selbst enthält. Viele der Definitionen bestehen auf einer Unendlichkeit der Wiederholung, also auf der unendlichen Spiegelung. Die Arbeit besteht aus zwei Modellen, deren Form sich an ein chemisches Molekül anlehnt, das aus zwei achsensymmetrischen Teilen zusammengesetzt ist. In jedem der Modelle ist ein Spiegel integriert. Beide Spiegel sind mit einem Muster bedruckt. Das linke Muster ist einem Delfter, das rechte einem chinesischen Porzellanmuster entnommen. Beide Muster spiegeln sich gegenseitig bis ins Unendliche.
Immer wieder lassen sich in der Kulturgeschichte Formen von Übertragung, Weiterentwicklung und Verwandlung über Kulturgrenzen hinweg finden. So wurde beispielsweise seit dem 15. Jahrhundert europaweit fieberhaft versucht, chinesisches Porzellan zu imitieren. Einige der Ergebnisse waren die Delfter Fayencen oder die Herstellung von echtem Porzellan durch Johann Friedrich Böttger. Neue Dekors und Formen entstanden – anfänglich in enger Anlehnung an chinesische Vorlagen. Im heutigen China wiederum werden die Delfter Fayencen massenhaft in Fabriken imitiert. Für den koreanischen Autor Byung-Chul Han ist das chinesische Denken von der Vorstellung des ständigen Werdens und Vergehens geprägt. Im Gegensatz zum westlichen Originalitätsansatz, zeugt in China eine exakte Kopie von der Könnerschaft des Künstlers – dabei entstehen neue Originale. Ausgehend von der Frage nach der gegenseitigen Beeinflussung von Kulturen untersucht die Arbeit die sichtbaren Formen dieses Jahrhunderte andauernden Austauschs.


The term mise en abyme (Old French abyme, from the Greek abyssos: “bottomless, endless”) derives from heraldry and designates a picture that contains itself. Many definitions insist of the endlessness of the repetition, that is, on endless mirroring. The work is composed of two models whose forms allude to a chemical molecule consisting of two axis-symmetrical particles. A mirror is integrated in each model. Both mirrors are printed with a pattern. The left one is a Delftware pattern, the right one a Chinese porcelain pattern. Both patterns reflect each other endlessly.
Forms of transferal, further development and transformation can be found time and again in the history of culture. For example, there were feverish attempts throughout Europe in the 15th century to imitate Chinese porcelain. Among the results were Delftware or the production of real porcelain by Johann Friedrich Böttger. New decors and shapes emerged—at first closely based on the Chinese models. Delftware is in turn mass-produced in factories in present-day China. For the Korean author Byung-Chul Han, Chinese thought is characterized by the notion of permanent becoming and fading. As opposed to the Western approach of originality, an exact copy is regarded in China as a sign of an artist’s skill—who produces new originals. Starting with the question of the reciprocal influence of cultures, the work examines the visible forms of this centuries-long exchange.


Mise en Abyme
Keramik, Spiegel, Siebdruck | 2020 | Foto: Robert Vanis


Mise en Abyme
Keramik, Spiegel, Siebdruck | 2020 | Foto: Robert Vanis


Mise en Abyme
Keramik, Spiegel, Siebdruck | 2020 | Foto: Robert Vanis